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Die spanische Sopranistin Tanya Durán-Gil und Gastdirigent Thomas Herzog beim Sommer-Open-Air der Württembergischen Philharmonie im Reutlinger Naturtheater / Foto: Ströhle

Die spanische Sopranistin Tanya Durán-Gil und Gastdirigent Thomas Herzog beim Sommer-Open-Air der Württembergischen Philharmonie im Reutlinger Naturtheater / Foto: Ströhle

22.07.2023 - Reutlinger General-Anzeiger

Sommer Open Air – Die Württembergische Philharmonie zündet im Naturtheater ein Feuerwerk spanischer Musik


Schillernde Welt der Zarzuelas

VON CHRISTOPH B. STRÖHLE


REUTLINGEN. Heiter hat sich die Württembergische Philharmonie Reutlingen in die Sommerpause verabschiedet. Aber auch mit viel Gefühl, für das beim Sommer- Open-Air am Donnerstagabend im Reutlinger Naturtheater nicht zuletzt die Sopranistin Tanya Durán-Gil und der Tenor Eduardo Aladrén zuständig waren. Den Spezialisten der Zarzuela gelang es, das Publikum für jene leichte, typisch spanische Operettenform zu begeistern.

 

Die Spanierin und der Spanier brachten auch die nötige Fertigkeit mit, die zum Teil zungenbrecherisch schnellen Sangestexte zu bewältigen. Thomas Herzog war inspirierender Gastdirigent und führte als Moderator auch launig durch den Abend. Er vermutete richtig, dass vielen im Publikum – dieser Wortwitz musste sein – so mancher Komponistenname auf dem Programmzettel wohl spanisch vorkam.

 

Nicht alle Tonsetzer, von denen hier Stücke erklangen, sind jenseits der spanischsprachigen Welt bekannt geworden. Das gilt auch für die Zarzuelas, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Madrid eine Blütezeit erlebten. Ihnen zu begegnen, machte einen wesentlichen Reiz des Abends in lauer Sommerluft aus.

 

In Gerónimo Giménez’ Ouvertüre zur Zarzuela "Los Borrachos" (Die Betrunkenen) zeigte das Orchester gleich zu Beginn eine verschnörkelte spanische Folklore. Mit einer Quirligkeit, die sich durch die Stimmen zog, mit gedämpftem Blech, der Piccoloflöte und anderen Blasinstrumenten, die wie Vögel zwitscherten, mit Pomp und fröhlichem Temperament.

 

Von Manuel de Falla hatte das Orchester Ballettmusik aus "El sombrero de tres picos" (Der Dreispitz) mitgebracht. Eine wirkungsmächtige Musik mit knackigen Rhythmen und südländischen Klangfarben, die wunderbar funkelten. Ein Seufzermotiv war zu hören, märchenhafte Poesie entfaltete ihren Reiz. Das Fagott schlug einen erzählerischen Ton an. Man merkte dem Orchester die große Erfahrenheit im Umgang mit den unterschiedlichsten Klängen an. An de Fallas rituellem Feuertanz aus dem Ballett "El amor brujo" (Liebeszauber) fesselten ein Glimmen und Züngeln. Nicht zuletzt das sinnliche Spiel der Oboe beeindruckte.

 

Andacht und Belcanto

In den Zarzuelas geht es meist um Liebe und Betrug, Intrigen und Verwechslungen. Die Solisten brachten die damit einhergehende Gefühlswelt beeindruckend auf die Bühne. Anmut und Temperament verbindend sang Tanya Durán-Gil mit dunkel gefärbtem Sopran das Auftrittslied der Paloma aus "El barberillo de Lavapiés" von Francisco Asenjo Barbieri. Ihr Schlusston strahlte. Was aber noch nichts gegen die glucksenden Intervallsprünge und den Spitzenton in Léo Delibes’ "Les Filles de Cadix" war, mit denen die Solistin für Staunen sorgte. Das Trinklied aus "El dúo de La africana" von Manuel Fernández Caballero reicherte sie mit viel schauspielerischem Ausdruck an.


Der Tenor Eduardo Aladrén nutzte die Weiten der Naturtheaterkulissen, um einer Arie aus Federico Moreno Torrobas "Luisa Fernanda" sanglichen Schmelz, spürbare Glut und große Gesten mitzugeben. Das Gebet aus José Serranos "La Dolorosa" geriet ihm andächtig, atmete aber zugleich den Geist des Belcanto. In der von ihm gesungenen Blumenarie aus Georges Bizets "Carmen" verbanden sich Kraft und Zärtlichkeit. Seelenvoll klang aus dem Orchester heraus das Englischhorn.


Äußerst lebendig waren die Duette der Sängerin und des Sängers, etwa aus Federico Moreno Torrobas "La Chulapona". Körpersprachlich ein Spiel aus Nähe und Distanz. Abschließend sangen beide Manuel Fernández Caballeros "Comprendo lo grave", voller Eigenwillen und mit halsbrecherischem Text. Das Publikum jubelte lange.


Unter den Zugaben war von Orchesterseite das Lebensfreude vermittelnde "Tico-Tico no Fubá" von Zequinha de Abreu, beliebt wegen seiner eingängigen Melodie und dem temperamentvollen lateinamerikanischen Rhythmus, der an einen Samba erinnert. (GEA)





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