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Entspannter Groove: Die Dutch Swing College Band im Naturtheater / Foto: Sturm

Entspannter Groove: Die Dutch Swing College Band im Naturtheater / Foto: Sturm

11.07.2022 - Reutlinger General-Anzeiger

Jazz – Rund 600 lauschen Swing im Naturtheater


Mitwippen unter Bäumen

VON MICHAEL STURM

 

REUTLINGEN. Am Freitag kamen rund 600 Gäste ins Reutlinger Naturtheater, um Swing zu hören. Veranstalter Heinz Bertsch begrüßte nacheinander den Pforzheimer Pianisten Sascha Kommer, ein Trio um Clemens Wittel, den Vorsitzenden des Reutlinger Jazzclubs in der Mitte, sowie die aktuelle Formation der Dutch Swing College Band, die bereits in den 1960er-Jahren Erfolge feierte.

 

Denkt man an Swing, dann hat man die großen Orchester von Benny Goodman oder Glenn Miller im Ohr. Doch auch ein einzelner Musiker kann den Swing vermitteln. Der ursprünglich aus Pliezhausen stammende Sascha Kommer etwa, der sich stilistisch am Musikkabarett der 1920er orientiert, einer Ära, als die Musik mehr als Begleitung und Untermalung der Texte diente. Seine freche, mit teils seichten Witzen gespickte Art kam sehr gut an.

 

Stride-Piano und Anekdoten

Clemens Wittel brachte Saxofonist und Klarinettist Stefan Koschitzki und Schlagzeuger Pete York mit ins Naturtheater. Ein Kontrabassist war nicht nötig, den ersetzte Wittels linke Hand. In diesem fast schon ausgestorbenen Stride-Piano-Stil folgte Wittel der Tradition von Fats Waller. 

 

Während Koschitzki zu den Talenten des jungen deutschen Jazz gerechnet wird, hat York, der im August seinen 80. feiert, eine reiche Biografie in Rock, Jazz und Blues. Als Mitglied der Spencer Davis Group mit Sänger Steve Winwood feierte er ab Mitte der 1960er-Jahre Hitparaden-Erfolge mit Stücken wie "Keep On Running" oder "I’m A Man".

 

Im Naturtheater übernahm York den Gesang, mit einer an Louis Armstrong erinnernden Färbung: Den Standard "St. Louis Blues", Eubie Blakes "Memories of You" und Gershwins "I Got Rhythm", alle aus der Zeit vor dem Krieg, hatten die Musiker ebenso im Programm wie Duke Ellingtons "Take The A Train".

 

Dazwischen unterhielt York das Publikum mit Anekdoten: Wie die Begleitband von Gene Pitney, der er angehörte, einmal die Tonart eines Stücks veränderte, sodass der Sänger seinen höchsten Ton nicht mehr erreichen konnte. York, der mehr als zehn Jahre der Begleitband von Helge Schneider angehörte, traf sich regelmäßig mit seinem Freund Charlie Watts, dem vor Kurzem verstorbenen Schlagzeuger der Stones. Als der fragte, was York in letzter Zeit gemacht habe, sagte dieser: "Ich habe mit einem Komiker gespielt." Watts antwortete staubtrocken: "Ich auch."

 

Seit 1945 ununterbrochen 

Zum Schluss kam die Dutch Swing College Band, die – man glaubt es kaum – seit 1945 ununterbrochen besteht. Kontrabassist Adrie Braat, seit 1988 in der Band, ist das mittlerweile dienstälteste Bandmitglied. Vorletztes Jahr übernahm er die Leitung des Ensembles, das nach wie vor herausragende Solisten und großartige Komponisten in seinen Reihen hat. Etwa Posaunist Bert Boeren, dessen "Back Home In Indiana" ebenso mit Ovation bedacht wurde, wie der schwülwarme Schleicher "The Mooch" oder der "2020 Rag", das jüngste Stück im Programm. Das Konzert hätte noch länger gehen können – die Leute wären geblieben. (GEA)




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