22.05.2021 - Reutlinger General-Anzeiger
Naturtheater – Nach einem Jahr Spielpause kann die Premiere von "Peter Pan" am 25. Juni vermutlich stattfinden
Sehnsucht nach Spiel und Kultur
VON ANNE LEIPOLD
REUTLINGEN. Still war es im vergangenen Jahr auf der Bühne des Reutlinger Naturtheaters. Und auch dieses Jahr blieb sie den Darstellern aufgrund der Coronapandemie verschlossen. Bis jetzt. Die aktuelle Verordnung des Landes und die sinkende Inzidenz im Reutlinger Landkreis erlaubt es dem Amateurtheater nach monatelanger Pause nun wieder vor echter Kulisse aktiv zu werden. Am Sonntag wird das Peter-Pan-Ensemble das erste Mal auf der Bühne des Reutlinger Naturtheaters proben können. In kleinen Gruppen und zeitversetzt.
"Optimistisch, dass das Angebot angenommen wird"
Zwar sind die Wände des Kinderzimmers noch weiß, das Schiff aber ist bereit in See zu stechen. "Man sehnt sich natürlich danach", sagt Rainer Kurze, Vorsitzender des Naturtheaters Reutlingen. Das eine Jahr Spielpause war schwer, dann zog sich der Lockdown weiter in dieses Jahr. "Wir haben nicht damit gerechnet, so einen Stopp zu erhalten", sagt er. "Das Amateurtheater und Proben mit Präsenz waren de facto unmöglich." Früh war daher klar, dass nur eine von zwei Produktionen organisatorisch umzusetzen ist. Die Entscheidung fiel auf Peter Pan. Das Stück "Die Kirche bleibt im Dorf" sowie die "SWR3 Live Lyrix" sind auf das kommende Jahr verschoben worden. "Alle anderen geplanten Veranstaltungen sollen stattfinden", zeigt sich Kurze optimistisch.
Beim Kartenvorverkauf bleibt das Naturtheater vorsichtig. Dieser wurde erst von März auf Mai und nun auf den 9. Juni verschoben. Da alle Karten des Vorjahres ihre Gültigkeit behalten haben, ist die Kalkulation schwierig. Zurzeit dürfen unter freiem Himmel 100 Personen eingelassen werden – Platz gibt es für 1 000. "Diejenigen, die eine Karte gekauft haben, sollen auch ins Theater können", sagt Kurze. Das wird laut der aktuellen Verordnung nur für Geimpfte, Genese und negativ Getestete mit dem jeweiligen Nachweis möglich sein. Masken und Abstand bleiben selbstverständlich.
Das lange Bangen um die Saison führte aber nicht zum Stillstand hinter den Kulissen. Geprobt wurde online, an Bühnenbild und Kostümen arbeiteten lediglich je zwei Personen zeitgleich, die Helfer von "Schwitzen statt Sitzen" vom Netzwerk Straffälligenhilfe mussten zeitlich koordiniert werden. Und bis zur Premiere am 25. Juni ist noch immer viel zu organisieren, zum Beispiel die Wegführung. Offene Fragen sind, ob Catering erlaubt ist und in welchem Umfang? Darf es eine Pause in dem Stück geben? Ist Singen auf der Bühne erlaubt oder muss eine CD für Playback aufgenommen werden? Für Regisseur Irfan Kars ist es zudem eine große Herausforderung, das Stück mit den geltenden Abstandsregeln umzusetzen. Nahe Begegnungen wird es weder während der Proben noch im Stück geben, die Anzahl der Darsteller wurde auf 30 begrenzt. Das Stück wurde auf 75 Minuten reduziert, damit es auch ohne Pause aufgeführt werden kann.
Um den Zuschauern gerecht zu werden, sind zu den üblichen 18 Vorstellungen drei weitere vorgesehen. Dazu soll es drei Benefizveranstaltungen – auch zugunsten des bevorstehenden Bauprojekts des Naturtheaters – und auf der Terrasse weitere Veranstaltungen geben. Die Bühne ist für den Auftakt am 5. Juni für das Gastspiel des Theaters Patati-Patata "Der dickste Pinguin vom Pol" bereits aufgebaut. Statt auf Spendenbasis werden für das Programm auf der Terrasse Eintrittskarten verkauft.
Kultur für lau kann es derzeit nicht geben. Da sich das Naturtheater zu 80 Prozent selbst finanziert ist Kurze zum Großteil mit dem Stellen von Anträgen für Zuschüsse beschäftigt, zudem wird die Freilichtbühne für Veranstaltungen vermietet. "Insgesamt haben wir 40 Veranstaltungen in 12 Wochen umzusetzen und das im Großteil im Ehrenamt", sagt Kurze. Mehr geht nicht.
Obwohl die Organisation aufwendig ist und das Naturtheater letztlich draufzahlen wird, noch eine Saison möchte Kurze nicht ausfallen lassen müssen, solange es die Verordnung nicht fordert: "Die Menschen sehnen sich nach Kultur, ich bin optimistisch, dass das Angebot angenommen wird." (GEA)