02.08.2021 - Reutlinger General-Anzeiger
Konzert – Daniél Iberra auf der Naturtheater-Terrasse
Schmuse-Pop im Latino-Gewand
VON JÜRGEN SPIESS
REUTLINGEN. Bunter zusammengewürfelt hätte das knapp 60 Fans zählende Publikum kaum sein können: Daniél Iberra, der sympathische Argentinier mit der Schmusestimme, gab sich am Freitag auf der Terrasse vor der Geschäftsstelle des Reutlinger Naturtheaters mit zwei Musikerkollegen die Ehre.
Mütter mit ihren kleinen Kindern, ältere Herren mit Baskenmütze und viele Paare sind gekommen, um dem seit Jahren in Eningen lebenden Argentinier zuzuhören. Mit feschem Kurzhaarschnitt, schwarzem Jackett und weißem Hemd betritt Daniel Iberra die Terrasse und begrüßt sein Publikum mit den Worten: "Fühlt ihr euch gut?"
Ausgangspunkt von Iberras Musik sind ausschließlich großflächige und stimmungsvolle Latinballaden mit eingebautem Schmusefaktor, stets mit selbst gespielten Keyboard-Klängen unterlegt und ab und an begleitet von seinen beiden Freunden Joachim (Gitarre) und Harald (Kistentrommel). In den Sphären, in denen sich der 1967 in Córdoba geborene Argentinier am wohlsten fühlt, kreisen Stücke wie das seiner Tochter gewidmete "Natalia" versonnen um melodieverliebte Harmonien.
Auf Dauer hat das einen fast hypnotisierenden Effekt, aber der Meister des anschmiegsamen Latinpops schafft mit seinen Eigenkompositionen auch intensive Momente. Dann öffnet sich der Pop-Himmel weit und die Besucherinnen fühlen sich ganz persönlich von ihm angesprochen. Unprätentiös und unverstellt kommen die auf Spanisch gesungenen Nummern daher und natürlich weht auch immer wieder ein Hauch von Tango, von sehnsuchtsvollen Träumen und Verheißungen durchs Repertoire, bei denen Iberra stilvoll alle Register des Latino-Mainstreams zieht. Die Elastizität seiner warmen Stimme rückt ihn manchmal schon beinahe in die Nähe des italienischen Sängers Eros Ramazzotti.
Großes Spektrum der Gefühle
Rund zwei Jahre lang ist Iberra wegen der Pandemie nicht vor Publikum auf einer Bühne gestanden und wirkt vermutlich deshalb etwas nervös. Trotzdem gelingt es ihm im Laufe des 75-minütigen Auftritts immer besser, seinen Enthusiasmus und seine Hingabe zur Musik auf das Publikum zu übertragen. Das ganze Spektrum der Gefühle gehört dazu, das Schwelgen in melancholischen Stimmungen bis hin zu kleineren Temperamentsausbrüchen. Stimmlich ist der Argentinier, der auch mehrere Jahre in Miami und Paris gelebt hat, voll auf der Höhe, mit einem instinktsicheren Gespür für den gefühlsintensiven Aufbau einer Songinterpretation.
Daniél Iberras Mischung aus eingängigen Melodien und entspannten, mit dezenten Latinsounds unterlegten Balladen ist angenehmes, familientaugliches Entertainment. Musik, die man so nur machen kann, wenn man voll und ganz dahinter steht. (GEA)