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19.06.2017 - Reutlinger Nachrichten

Belles bezaubernde Blicke

Naturtheater - Umjubelte Premiere des Kindermusicals "Die Schöne und das Biest" in einer kurzweiligen und kreativ umgesetzten Inszenierung im Wasenwald


VON JÜRGEN SPIESS

Belle (Cecilia Sörensen) muss den Zauber der Magie überwinden zwischen ihrer bunten, bodenständigen Dorfwelt und dem fantastischen, düsteren Reich des Biests (Jonas Matthes) / Foto: Jürgen Spieß

Belle (Cecilia Sörensen) muss den Zauber der Magie überwinden zwischen ihrer bunten, bodenständigen Dorfwelt und dem fantastischen, düsteren Reich des Biests (Jonas Matthes) / Foto: Jürgen Spieß

Hässliches Ungeheuer reibt sich an köstlichem Hofstaat: Das Naturtheater Reutlingen brachte jetzt als umjubelte Premiere das Kindermusical "Die Schöne und das Biest" auf die Bühne. Jung und Alt erlebten unter freiem Himmel eine kurzweilige und kreativ umgesetzte Inszenierung.


Zu einer Zeit, da raschelnde Unterröcke eine Dame ausmachten und da die Menschen noch an Zauberer, Flüche und Monster glaubten – genau zu dieser Zeit spielt "Die Schöne und das Biest". Durchgehend märchenhaft-fantasievoll nimmt sich Regisseur Ambrogio Vinella in der neuen Kindermusical-Inszenierung des alten Stoffes an. Hinter hohen, düsteren Mauern, wo ein illustrer und verzauberter Hofstaat für einige lustige Szenen sorgt, haust ein hartherziges und schaurig aussehendes Biest. Ursprünglich mal ein junger, gut aussehender Prinz, verwandelt ihn eine Zauberin in ein Ungeheuer, deren Fluch sich erst dann auflöst, wenn ein unschuldiges Mädchen einwilligt, ihn als Ehemann zu nehmen. Bis es soweit ist, drangsaliert das Biest noch heftigst seine Untergebenen und droht in der quälenden Einsamkeit zu Stein zu erstarren, denn längst hat es den Glauben an das Gute aus seinem Herzen verbannt.

 

Doch das Leben hält manche Überraschung parat, zuweilen auch eine zweite Chance. Ein ruinierter Kaufmann (Pascal Muckenfuß) schließt mit dem Biest (Jonas Matthes) einen unsäglichen Handel ab: Er lässt eine seiner drei Töchter als Pfand bei dem Ungeheuer und erhält dafür seinen Sohn (Emil Schneider) zurück, der sich heimlich in das Schloss geschlichen hat. Aufopferungsvoll unterwirft sich Belle (Cecilia Sörensen) in der Folge dem Wüstling, ohne jedoch nach seiner Pfeife zu tanzen. Den Zauber der Magie muss sie überwinden zwischen ihrer bunten, bodenständigen Dorfwelt und dem fantastischen, düsteren Reich des Biests. Doch sie wäre nicht Belle, könnten die Blicke aus ihren schönen Augen nicht auch dem Biest dazu verhelfen, seine Maske abzulegen. Unterstützt wird sie dabei von einem Hofstaat, der alles dafür tut, um das Biest zu läutern und mit Belle zusammenzubringen.

 

Vor allem diese Szenen gelingen dem Regisseur und den insgesamt 47 Akteuren ganz hervorragend. Der geschwätzige Brunnen Brunhilde (Angela Sauter) und ein geschäftstüchtiger Komposthaufen (Marie Schneider) setzen sich da ebenso für die schöne Belle ein wie die dem Biest gute Manieren beibringenden Amor (Tamara Bachner) und Bacchus (Heiko Raiser). Ambrogio Vinella und der musikalische Leiter Alexander Reuter zeigen auf eindrucksvolle Weise, wie man ein Märchen durch lustige Szenen und zum Teil eindrucksvollen Gesangsleistungen auch für Erwachsene unterhaltsam in Szene setzen kann.

 

Das beginnt bei den bunten und überaus kreativen Kostümideen (Sibylle Schulze) für die auftretenden Darsteller und setzt sich in der kurzweiligen Inszenierung fort. Die anderthalbstündige Aufführung in zwei Akten zeigt jede Menge schauspielerische und stimmliche Talente, unter denen das Biest/Prinz in Person von Jonas Matthes, die Jungs von Herberts Gang, Amor und Bacchus sowie Cecilia Sörensen als Belle herausstechen.

 

Richtig zu Herzen gehend ist der Mythos vom jungfräulichen Mädchen, das ein Monster durch Liebe erlöst, ohnehin. Damit der Ausflug in die Musical-Welt nicht allzu kitschig gerät, hat Bühnenbildnerin Maja Rumswinkel bewusst auf eine bonbonfarbene Umsetzung à la Disney verzichtet. Die Szenerie von Schloss und Dorf besticht durch Schlichtheit.

 

Dafür durchsetzen der Regisseur und Choreografin Carmen Lamparter die Handlung mit zahlreichen komischen Elementen. Liebevolle Details wie die Schafherde der ganz Kleinen, die zum Teil als Hausrat und Küchengeschirr verkleideten Darsteller oder die tanzenden Rosen mischen den Schlossalltag gehörig auf. Im Dorf hingegen geben Belles Verehrer mit rockigem Habitus den Takt an.

 

Den wahrlich märchenhaften Glanz verdankt die Liebesgeschichte allerdings den beiden Hauptdarstellern, der schönen Belle und dem ungehobelten, aber am Ende lernfähigen Biest. Sie verzaubern das zum Teil stehend applaudierende Publikum sowohl schauspielerisch als auch stimmlich.




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