20.03.2017 - Reutlinger Nachrichten
Beim Bau auf ökologische Materialien geachtet
GABRIELE BÖHM
Die Strophen von "Wer will fleißige Handwerker sehn" kennen die Kinder ganz genau und haben noch etliche hinzugedichtet. Schließlich haben die kleinen "Waldwichtel" den Bau ihrer neuen Schutzhütte im Markwasen seit Herbst doch fast täglich mitverfolgt. Vergangene Woche betraten sie "ihr Haus" zum ersten Mal.
Der Waldkindergarten "Waldwichtel e.V.", 1998 als gemeinnützige Elterninitiative gegründet, zählt zu den deutschlandweit ältesten Einrichtungen dieser Art. "Im Wald können die Kinder sich austoben, selbst Spielzeug bauen, die Natur beobachten und experimentieren", erläutert der zweite Vorsitzende Andreas von Pfeil. Als Kinderarzt bemerkt er auch, dass die Kinder, die viele Stunden draußen sind, "deutlich weniger Infekte" haben. "Und wenn doch, dann stecken sie nicht gleich die ganze Gruppe inklusive Erzieherinnen an", berichtet er. Trotzdem habe man für kalte Tage und starken Regen einen Bauwagen und das ehemalige Schießwärterhäuschen als Unterschlupf benötigt. "2010 hatte die Stadt jedoch vor, das Häuschen zu verkaufen und fand es für die Kinder auch nicht mehr zeitgemäß."
Es begann eine längere Planungsphase, in der man zunächst an eine Art Baumhaus gedacht hatte. "Es waren verschiedene Ideen im Raum", berichtet der ehemalige Waldwichtel-Vater und leitende Architekt Chris Mast. Auch das geeignete Grundstück habe man erst finden müssen. Sehr positiv sei die Kooperation mit dem Naturtheater als Pächter einer passenden Fläche gewesen. "Das war auch wegen der Strom- und Wasseranbindung günstig", sagte Mast. Auch im Hinblick auf eine mögliche Ganztagsbetreuung sei aus der geplanten Hütte fast ein Wohnhaus geworden. Für 275 000 Euro brutto, wovon die Stadt einen großen Teil trägt, entstand in Ständerbauweise mit Zelluloseflocken als Dämmung und einer Dachhaut aus Wellblech ein eingeschossiges Gebäude neben dem Popcornhäuschen des Naturtheaters. Diesem wird es noch in seiner Schuppenschalung angepasst, bei der versetzte Holzlatten für größtmögliche optische Angleichung an die natürliche Umgebung sorgen. Große Fenster sorgen für viel Licht. Das Innere besteht aus einem Gruppen- und einem Ruheraum sowie zwei sanitären Einrichtungen und einer Küche. "Wir haben überall auf ökologische Materialien geachtet", erläutert der Architekt.
Auch eine Kampfmitteluntersuchung habe es gegeben. Da Reutlingen in der Erdbebenzone 3 liegt, wurde das Haus massiv gegründet und die Baumhausidee ad acta gelegt. Zurzeit ist das Gebäude eingerüstet, am Mittwoch wurden die Zellulose zwischen die Außenwände geblasen, demnächst kommt der Innenausbau. Den Grundstein haben Anni (5), Sebastian (4), Magdalena (6) und die anderen Kinder längst gelegt. Sie freuen sich auf die neue Unterkunft, die sie am Dienstag das erste Mal von innen sehen durften. Spannend war es auch, aus den Fenstern von oben in den Wald zu schauen. Gebaut werden konnte nur außerhalb der Spielzeiten im Winterhalbjahr. "Weil die Kinder meistens draußen sind, kann das Naturtheater in der Saison auch die Außenanlagen, beispielsweise für Tische und Stühle, nutzen", berichtet Mast über die gelungene Kooperation. Auch die Kinder sind über die Nachbarschaft begeistert und freuen sich natürlich auf "Popcorn!".
Die Einweihung der Hütte ist für den Sommer mit einem großen Fest geplant.