16.08.2014 - Reutlinger General-Anzeiger
Ein Schminkraum voller Vampire
HINTER DEN KULISSEN - Naturtheater Reutlingen
Mit dem Kinderstück »Der kleine Vampir« hat sich das Naturtheater Reutlingen einer ganz besonderen Herausforderung gestellt. Erst mussten während der Proben- und Vorbereitungsphase Kostüme für das 37-köpfige Ensemble angefertigt werden. Und während der Saison geht es weiter, die Arbeit nimmt kein Ende, ist sozusagen eine Sisyphusarbeit, denn vor jeder Vorstellung müssen alle geschminkt und frisiert werden. 22 Vampire, neun Fledermäuse und sechs Bürgerinnen und Bürger – sie alle wollen und müssen »topgestylt« und den Vorgaben der Regie entsprechend auf die Bühne.
Stellen wir uns das vor: Samstags um 12.30 Uhr ist Treffpunkt im Vereinsheim beziehungsweise im Schminkraum. Da passen natürlich nicht alle rein, also werden sie verteilt. Auf dem Flur, vor die Umkleideräume oder auch mal im Freien, überall stehen sie, die kleinen und großen Schauspieler, und warten auf ihren »Anstrich«.
Zuerst wird grundiert, das heißt, alle bekommen eine weiße Gesichtsfarbe. Dann geht’s in Dreiergrüppchen in den Schminkraum, der dann voll besetzt ist. Die Maskenbildnerinnen bringen nun Schattierungen, Falten und Augenränder an.
Die Fledermäuschen bekommen »nur« graue Nasen, sehen damit aber sehr überzeugend aus.
Im nächsten Schritt geht es dann um die Frisuren. 13 Perücken und etliche Haarteile müssen festgesteckt und frisiert werden. Auch die Frisuren derjenigen, die über eine eigene entsprechende Mähne verfügen, wollen gerichtet sein. Zwischen die Haare kommt das Mikrofon. Feinsäuberlich und vorsichtig wird es angebracht, denn es muss die ganze Vorstellung über halten. Und es sollte nicht kaputt gehen. Mit dem Beginn der Vorstellung um 15 Uhr, also nach zweieinhalb Stunden, sind noch nicht alle fertig. Die fünf Maskenbildnerinnen arbeiten bis nach der Pause gegen 16 Uhr ununterbrochen. Dann findet die große Vampirparty statt, bei der alle Darsteller – auch die, die (eigentlich) Menschen darstellen – als Vampire die Bühne rocken.
Damit ist aber noch nicht Feierabend, denn nach dem Stück müssen alle Perücken und Haarteile abgenommen, gewaschen und frisiert werden. Für das Abschminken ist jeder Vampir indes selber verantwortlich. Fazit: Jede Vorstellung des »Kleinen Vampirs« bedeutet zwölf Stunden Arbeit in der Maske. Doch alles hat ein Ende, und am heutigen Samstag ist es das letzte Mal, dass die Vampire im Wasenwald auftreten. Wir werden sie vermissen, auch in der Maske. (bm)