29.03.2014 - Reutlinger General-Anzeiger

Chorgesang mal anders

HINTER DEN KULISSEN - Naturtheater Reutlingen

Im Naturtheater Reutlingen wird seit vielen Jahrzehnten gesungen. Die »Pflege des mehrstimmigen Gesanges«, also des Chorgesangs, stand schon 1863 bei der Vereinsgründung auf der Agenda des Arbeiterbildungsvereins. Und mit der Eröffnung der Freilichtbühne im Wasenwald 1928 ergaben sich neue Möglichkeiten für die Sängerinnen und Sänger: In den Theaterinszenierungen traten imposante Chöre auf; die Bühne war gefüllt mit über hundert Darstellern und erfüllt vom vielstimmigen Gesang.

Später wurden eher Volkstheaterstücke gespielt, die nicht musikalisch waren und deshalb keinen (Chor-)Gesang brauchten. Das tat diesem jedoch keinen Abbruch, denn mit einer wöchentlichen Singstunde und öffentlichen Auftritten im Rahmen von Konzerten und Vereinsfesten waren die engagierten Chormitglieder gut beschäftigt.

Als vor über 25 Jahren dann die Chorgemeinschaft mit der Reutlinger St.
Wolfgang-Kirche gegründet wurde, erweiterte sich das musikalische Repertoire – für beide Seiten.

Auch diese Zeit ist inzwischen vorbei, das Interesse der Theaterleute am klassischen Chorgesang ist geschwunden. Die Chorgemeinschaft wurde 2012 aufgelöst. Nichtsdestotrotz spielt der Gesang weiter eine wichtige Rolle im Theaterleben und auf der Freilichtbühne im Reutlinger Wasenwald.

Jung und Alt, Groß und Klein, sie alle freuen sich, wenn ein Stück gespielt
wird, in dem viel gesungen wird. Und das trotz des wesentlich größeren Probenaufwands, denn Qualität muss auch hier sein. Profis arbeiten mit den Sängerinnen und Sängern, machen Stimmbildung und lassen sie üben, bis die Töne »sitzen« und ein Lied denn auch tatsächlich wie ein Lied klingt.

Die Wasenwald-Festspiele 2014 sind musikalisch eine echte Herausforderung, denn sowohl in »Kiss me, Kate« als auch in »Der kleine Vampir« wird gesungen. Zwei musikalische Leiter teilen sich die Proben(zeit)räume auf, was bedeutet, dass im Vereinsheim irgendwie immer jemand grad am Singen ist. Und wer die Probenarbeit verfolgt, die bereits seit Januar läuft, stellt fest, alle sind sie mit Feuereifer dabei.

Ein Kindertheaterstück ohne Musik und Gesang ist nicht mehr vorstellbar,
denn auch oder besser gerade den kleinsten Zuschauern gefällt es, wenn gesungen und musiziert wird. Wen wundert es da, wenn die jungen Schauspieler mit Begeisterung Lieder anstimmen und somit
das fortführen, was die Vereinsvorfahren begonnen haben: die Pflege des Chorgesangs. Es ist heute halt nur ein bisschen anders. (bm)