23.07.2012 - Reutlinger Nachrichten

Wo gibt es das noch? Samt und sonders alle Mitglieder des Naturtheaters, die für lange Mitgliedschaft zu ehren waren, wurden einzeln vorgestellt. Chorgesang und Lesungen begleiteten die Matinee.

Wo viele "Passive" sehr oft auch höchst aktiv sind

JÜRGEN HERDIN

Ehre, wem Ehre gebührt: Selbst Mitglieder, die erst seit zehn Jahren beim Naturtheater sind, wurden am Sonntag im Spitalhof auf familiäre Weise begrüßt, ihr bisheriges Tun wurde geschildert, danach gab es Ehren- und Vereinsnadeln. Die musikalische Begleitung der Matinee besorgte die Chorgemeinschaft Naturtheater/St. Wolfgang unter der Leitung von Andreas Dorfner.

Peter Goller begleitete die Sänger am Klavier. Der Chor hatte sich diesmal Joseph Haydn vorgenommen. Humorvoll dargebotene szenische Lesungen gabs von Werner Johst, Uwe Rittmann und Volker Schlosser. Johst gab Goethes Hochzeitslied wieder, Uwe Rittmann kam mit schwäbischem Christbaumschmuck aus Sauerkraut daher, und Holger Schlosser bemühte Adalbert Chamissos "Mäßigung und Mäßigkeit". Schlosser sprach über das "Maßhalten" - und soff auf viermal ex eine Flasche Wein leer. Das Publikum jubelte. Dem Vortragskünstler ging es danach aber immer noch blendend. Denn wie viele Akteure in solchen Szenen, "betrank" er sich freilich nur mit Traubensaft.

Drei Verantwortliche waren es, die ehrend und würdigend die Jubilare begrüßten: Natürlich zunächst Rainer Kurze, der Vorsitzende des Naturtheaters. Mit von der Partie waren Rolf Wenhardt, der Präsident des Landesverbandes der Amateurtheater ist, sowie Wolfgang Schiffelholz aus Bayern. Er ist Präsident des Verbands Deutscher Freilichtbühnen (VDF) in der Region Süd. Sie alle warteten mit zahlreichen Anekdoten über die Jubilare auf, würdigten deren bisherige Arbeit und hefteten die diversen Nadeln an. Es war ein vergnüglicher Reigen, denn in Theaterkreisen geht es für gewöhnlich recht familiär zu, auch wenn man hunderte Kilometer voneinander entfernt lebt.

Gleich drei große Auszeichnungen gab es dabei für Birgit Coolens. Angesichts ihrer bisherigen Lebensleistung auf den Brettern und im Verein wurde es durchwegs gülden für sie - samt Lorbeerblättern. Seit 40 Jahren ist sie aktiv mit von der Partie. Im "Feuerwerk" gab sie beispielsweise die Gattin von Schauspieler Kurze. Und sie war sich nie zu schade, auch Veranstaltungs-Plakate zu kleben. Hinter der Bühne war sie zudem im Karten-Verkauf, im Büro und in der Vereinskantine aktiv. Wolfgang Schiffelholz nannte sie kurz und prägnant "die Allround-Frau des Reutlinger Naturtheaters", das ab Freitag "A schöne Bescherung" im Gasthaus Waldesslust gibt. Die letzte Aufführung ist dann am 11. November. Wobei Rainer Kurze schon vorwarnte: "Über 80 Prozent der Karten sind bereits verkauft."

Für stolze 40 Jahre Mitgliedschaft im Naturtheater wurden Doris und Kurt Baur geehrt. Auch Werner Böbel ist seit vier Jahrzehnten der bewegten Geschichte der Truppe mit von der Partie. "Ihr habt keine einzige Saison sausen gelassen", das freute Rainer Kurze ebenso sehr, wie er auch seine Mutter Helga nach vorn bitten durfte. Sie ist seit 15 Jahren aktiv mit dabei.

Wobei "aktiv" und "passiv" beim Naturtheater Reutlingen eigentlich keine sehr passenden Kategorien sind. Auch viele "Passive" haben sich immer wieder tatkräftig eingebracht, nur eben vielleicht nicht auf der Bühne agiert.