18.06.2012 - Reutlinger Nachrichten

Verdammt, sie lieben ihn

50 Städte steuert Matthias Reim bei seiner Deutschlandtournee an. Dabei steht nur ein Gig im Ländle auf dem Tourplan. Und den hat er am Samstag in Reutlingen vor 400 begeisterten Fans absolviert.

"Der Osten gehört mir", weiß Matthias Reim. Dort spielt der 54-Jährige seine Auftritte mit fünfköpfiger Liveband und vierstimmigem Backgroundchor jeweils vor mehreren tausend Fans. In Baden-Württemberg ist seine Fangemeinde noch nicht so groß. Warum das so ist, kann der Neuschwabe, der seit ein paar Monaten seinen Hauptwohnsitz in Radolfzell hat, nicht beantworten. "Die Leute dort muss ich noch erobern", erzählt er im Backstagebereich vor seinem Konzert auf der Bühne des Naturtheaters.

Deshalb soll es an diesem lauen Sommerabend nur ein "Best of" aus seinen mehr als zehn veröffentlichen Studioalben geben. Außerdem zwei Titel aus der aktuellen Scheibe "Sieben Leben". Die Band einigt sich auf "Du bist mein Glück" und "Deine Liebe". Sekunden später steht der Sänger in einem hautengen T-Shirt auf der Bühne. Die ersten Töne sind kaum verklungen, schon strömen die Fans von ihren Sitzen an die Bühne. Reim gibt sich locker, gibt den Ordnern ein Zeichen, dass sie die Leute ruhig nach vorne kommen lassen können.

"Heute morgen bin ich noch im Bodensee geschwommen, danach nach Reutlingen gefahren. Ich habe mich so auf euch gefreut", strahlt der braun-gebrannte Ex-Mallorquiner. "Wer war schon einmal auf einem Konzert von mir?", fragt er in die Runde. Mehr als 200 Hände schnellen nach oben. Der Rest ist also zum ersten Mal mit dabei. Darunter sind auch Kinder und Jugendliche, deren Großvater der verdammt gut aussehende Mann in der hautengen Jeans auf Bühne sein könnte.

Er singt von Chaos, der Liebe, dem Leben und Beziehungen. Und alles, was sich daraus entwickeln kann. Mal laut, mal leise, mal rockig, mal ruhig. Die Fans nehmen ihm das ab. Sie wissen, dass ihr Matze selber so manches davon erlebt hat. Das macht ihn für sie glaubwürdig. Seine Erlebnisse haben Spuren im Gesicht hinterlassen. In Reutlingen gibt er sich kantig, persönlich und intim. Und manchmal auch überheblich. Keiner spiele den Song "Über sieben Brücken musst du gehen" so gut wie er, sagt er ins Mikrofon und stimmt den Megaseller von Karat und Maffay an. Hat das Reim wirklich nötig?

Er kann sich doch auf seine eigenen Hits konzentrieren, die er so gut wie kein anderer spielt. Das beweist er mit seiner rauchigen Stimme eindruckvoll. Außer dem "Brücken"-Song gibt es nur Songs aus den eigenen Alben zu hören. "Im Himmel geht es weiter", sei die schönste Ballade, die er je geschrieben habe. Sagts und stimmt den einfühlsamen Song leise an. Es folgen "Ich liebe dich", "Träumer", "Ich hab geträumt von dir" und "Sowieso". Die Fans sind im Naturtheater textsicher. Sie kennen alle Titel in- und auswendig.

Natürlich auch den einen, den einzigartigen, der sich sagenhafte 2,5 Millionen Mal in Deutschland verkauft und sich 16 Wochen lang auf Platz eins der deutschen Singlecharts gehalten hat. "Wollt ihr ihn wirklich noch einmal hören? Wollt ihr wirklich?", fragt Reim. Und 400 Stimmen grölen ihm ein lautes "Jaaaaaaaaaaaaaaaaa" entgegen. Und dann endlich kommt der Megahit, auf den die Leute bis zum Schluss warten mussten. In einer Fünf-Minuten-Mixversion, featuring Naturtheater Reutlingen Megachor. "Verdammt, ich lieb dich" heißt der Song, der vor 22 Jahren täglich im Radio rauf und runter lief.

"Das war die geilste Party, die Reutlingen in den letzten 100 Jahren erlebt hat." Mit diesen Worten verabschiedet sich Reim von seinem Publikum, das nach zwei Stunden immer noch aus dem Häuschen ist. Naja, das war leicht übertrieben. Es war bestimmt nicht "die", sondern eine der geilsten Partys. Matze will ja wieder mal in der Achalmstadt vorbeischauen, hat er gesagt. Es sind nur 120 Kilometer Entfernung. Dann wird er sehen, dass es, verdammt, auch noch andere geile Partys dort gibt.