15.06.2012 - Schwäbisches Tagblatt, Tübingen
Er ist mittlerweile 54 Jahre alt, singt immer noch Schlager und ist nach überstandener Insolvenz wieder auf Tournee. Am Samstag, 16. Juni, stellt Matthias Reim sein Album "Sieben Leben" im Naturtheater vor.
Schlagersänger Matthias Reim tritt in Reutlingen auf
Dass Matthias Reim nach zehnjährigem Mallorca-Aufenthalt unlängst nach Deutschland zurückgekehrt ist, hat verschiedene Gründe. Seine Kinder, "die mit deutscher Kultur aufwachsen sollen", ist einer davon, "die Sehnsucht nach meiner Heimat, in der ich aufgewachsen bin", ein weiterer.
Seit ein paar Wochen lebt der Sänger nun mit seiner Familie am Bodensee, und auch mit seiner Schlagerkarriere geht es wieder aufwärts. Um das Phänomen Matthias Reim zu verstehen, muss man einen Blick in seine Vergangenheit werfen. Denn um zu verstehen, wie jemand mit einem Lied wie "Verdammt, ich lieb dich" 16 Wochen die deutschen Hitparaden anführen konnte, um nachzuvollziehen, wie sich diese Platte seit 1990 mehr als drei Millionen Mal verkaufte, um zu begreifen, wie der blonde Sänger aus dem hessischen Korbach noch immer seine Fans in den Bann zieht - muss man den Schlager verstehen.
Der Schlager war es, mit dem Reim vor 22 Jahren über Nacht bekannt wurde und dem er seinen Erfolg zu verdanken hat. Inzwischen hat der Überlebenskünstler mit "Sieben Leben" sein 15. Album veröffentlicht. Dem Mann mit der Whiskey-angerauten Stimme wird nachgesagt, er übersetze sein Fühlen und Sprechen unmittelbar in seine Lieder. Und man schätzt an ihm, dass er die Höhen und Tiefen des Lebens und der Liebe leibhaftig erfahren hat - den Aufstieg zum Pop-Millionär wie den Fall bis zum Gerichtsvollzieher.
Denn nach elf Jahren erfolgreicher Schlagerkarriere kam 2001 der Absturz. Matthias Reim, den seine Freunde "Matze" nennen, beschuldigte seinen ehemaligen Manager und Vermögensverwalter, ihn hintergangen und in die Schuldenfalle getrieben zu haben. Mit 6,5 Millionen Euro Schulden musste Reim 2006 Insolvenz anmelden und verschwand danach ebenso schnell in der Versenkung, wie er aufgestiegen war. Doch der Studienabbrecher, der in den 80er-Jahren seine Lehrer- der Musikkarriere geopfert hat, entpuppte sich als Stehaufmännchen. Nach verkürztem Insolvenzverfahren ist der vierfache Vater seit April 2010 schuldenfrei und will nun mit neuem Album und großer Tournee wieder durchstarten.
"Ich bin vorsichtiger geworden und gebe mein Geld nicht mehr so leichtfertig aus wie früher", betont der immer noch jugendlich wirkende Schlagersänger heute mit neuem Selbstbewusstsein. Natürlich liebt er auf der Bühne immer noch harte Posen und Macho-Sprüche, die blond gesträhnte Frisur und das Muskelshirt dürfen auch nicht fehlen. Was sein Privatleben angeht, hat Reim jedoch aus seinen Fehlern gelernt: "Ich stehe heute zu meiner Verantwortung und gebe mich nicht mehr irgendwelchen Träumen oder windigen Vermögensverwaltern hin", sagt er mit fester Stimme. Zu hören ist diese Wandlung auch auf seinem aktuellen Album "Sieben Leben", auf dem er zuweilen selbstkritisch und ironisch mit seiner Vergangenheit umgeht.
Etwa in dem Lied "Unverwundbar", in dem er singt: "Ich hatte mal ein Haus, ich lebte echt in Saus und Braus, die große Welt war mir zu klein, was gut war, musste besser sein". Das hört sich authentisch an und beschreibt die Vergangenheit des Sängers zutreffend. Und auch die Liebesbekundung an seine Fans "Ich will Euch nicht verliern" klingt wahrhaftig. Seine Sprache ist die der Menschen - so einfach kann ein Erfolgsgeheimnis sein.