18.08.2012 - Reutlinger General-Anzeiger
Festspiele nähern sich ihrem Ende
HINTER DEN KULISSEN - Naturtheater Reutlingen
Die Wasenwald-Festspiele nähern sich ihrem Ende, denn heute Mittag hebt sich zum letzten Mal der Vorhang für Pippi Langstrumpf. Wenn es nach den kleinen Zuschauern des stärksten und frechsten Mädchens der Welt ginge, könnte diese noch bis mindestens Weihnachten jedes Wochenende die Erwachsenen an der Nase herum führen, denn die Zuschauerzahlen übertrafen alle Erwartungen. Zwölf Mal spielte das junge Ensemble vor voller Halle und auch die letzte Vorstellung ist bereits seit Tagen ausverkauft.
Doch bleibt am heutigen Samstag nicht viel Zeit für Tränen, denn kaum ist der letzte Vorhang für Pippi gefallen, rüstet sich das Dracula-Ensemble für seine Doppelvorstellung. So wird die Villa Kunterbunt in Windeseile zum Salon der vornehmen Familie Westenra und die Schule zum Irrenhaus. Das fröhliche schwedische Städtchen verwandelt sich ins düstere Transsylvanien, in dem heute gleich zweimal der berühmteste Vampir der Literaturgeschichte sein Unwesen treibt.
Zwar ist den Aktiven vor und hinter den Kulissen der Stress einer Doppelvorstellung nicht unbekannt, schließlich ist in den letzten Jahren die Tradition des Mitternachts-Specials entstanden. Doch ein Doppel des gleichen Stückes gab es noch nie in der Vereinsgeschichte. So gilt es, die Bühne am Ende der ersten Vorstellung blitzschnell von den blutigen Überresten der Opfer zu befreien, während der Hallendienst die Zuschauerhalle schnellstmöglich fegen und für die folgende Vorstellung wieder einigermaßen auf Vordermann bringen muss.
Die Technik rüstet währenddessen die Mikrofone der Darsteller mit neuen Akkus aus, damit auch die Zuschauer der Mitternachtsvorstellung akustisch voll auf ihre Kosten kommen. Die Kostüme müssen von Blut und Dreck befreit werden, und in der Maske wird versucht zu retten, was von den kunstvollen Frisuren noch übrig geblieben ist. Erst wenn alle Kostüme sauber, alle Requisiten wieder an ihrem Platz sind und die Darsteller kurz durchgeschnauft haben, erst wenn alle Zuschauer auf ihren Plätzen sitzen und alle Scheinwerfer eingestellt sind, ertönt hoffentlich pünktlich um 23.30 Uhr das Heulen des Wolfes, der den Beginn der Mitternachtsvorstellung ankündigt.
Dann heißt es für das Ensemble, stimmungsmäßig wieder auf Anfang zu gehen, um den Zuschauer langsam vom unbekümmert-fröhlichen Anfang zum dramatischen Showdown der Inszenierung zu führen. (NTR)