07.07.2012 - Reutlinger General-Anzeiger
Dracula mit Blitz und Donner
HINTER DEN KULISSEN - Naturtheater Reutlingen
Dass auf das hiesige Wetter kein Verlass mehr ist, ist nichts Neues. Im April ist es sommerlich warm, an Pfingsten dafür kalt und im Sommer – speziell in den Sommerferien – wechselhaft, kühl und regnerisch. Ein Dilemma für Veranstaltungen im Freien und ganz besonders für Freilichtbühnen, die naturgemäß stark vom (guten) Wetter abhängig sind.
Das Naturtheater Reutlingen kann in dieser noch jungen Saison ein ziemlich lautes Lied singen über die Launen des Wetters. Bei den Hauptproben zu »Dracula« wurde es zeitlich immer enger, denn zwei Hauptproben mussten nach der ersten Hälfte abgebrochen werden, eine weitere fiel komplett ins Wasser, und so stand das Ensemble am Tag vor dem großen Tag – der normalerweise frei ist und der Erholung dienen soll – wieder auf der Bühne, um die letzte Probe zu absolvieren.
Am vergangenen Samstag war es dann heiß und schwül, auch im Wasenwald und in der Zuschauerhalle des Naturtheaters stand die Luft. Die Wettervorhersage ließ schwere Gewitter befürchten. Doch die Aufführung von »Pippi Langstrumpf« ging gut über die Bühne, kein Wölkchen trübte den Himmel. Und auch die Stunden nach der Nachmittagsvorstellung ließen nicht ahnen, was tatsächlich noch auf die Schauspieler und die Zuschauer zukommen sollte.
Es wurde allmählich kühler, was allen recht war, und es wehte ein sanfter Wind. Dann ging es schnell: Dicke, dunkle Wolken zogen sich über dem Theatergelände zusammen und der Wind wurde kräftiger. Bange Blicke nach oben, die Hoffnung, dass sich das drohende Gewitter wieder verzieht, schwindet allmählich. Auch die andere Hoffnung, dass der Regen dann wenigstens vor der Vorstellung »runter kommt«, zerschlägt sich. Pünktlich zum Beginn der Vorstellung um 20.30 Uhr fängt es an zu regnen, von Donner und Blitz begleitet.
Allen ist klar, so kann man nicht spielen, es heißt also abwarten. Die Zuschauer sitzen im Trockenen und genießen mit leichtem Bauchgrummeln das Naturschauspiel. Fast eine Dreiviertelstunde später ist das Schlimmste vorbei, das Stück kann beginnen.
Die Gewitter toben sich nun anderswo aus, bleiben aber in Hör- und Sehweite. Und so erlebt das Publikum dieses Abends einen »Dracula«, wie er nicht besser inszeniert werden kann: Schwarze Wolken, Blitz und Donner begleiten die finsteren Umtriebe des Grafen. Die Zuschauer freut’s natürlich, die Theaterleute wünschen sich allerdings keine Wiederholung dieses »Events«. (bm)