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Ein Blick in die Nähwerkstatt des Naturtheaters / Foto: privat

Ein Blick in die Nähwerkstatt des Naturtheaters / Foto: privat

26.04.2012 - Reutlinger Nachrichten

Dracula im Anflug auf den Wasenwald

"Dracula" für die Älteren, "Pippi Langstrumpf" für die Kleinen: Mit diesen beiden Stücken geht das Naturtheater Reutlingen in die Sommersaison. Längst haben im Wasenwald die Proben begonnen.


Die Fledermäuse im Wasenwald bekommen in diesem Jahr prominenten Zuwachs. Zum 100. Todestag des irischen Schriftstellers Bram Stoker nimmt sich das Ensemble des Reutlinger Naturtheaters unter der Regie von Susanne Heydenreich seines Weltklassikers Dracula an und verwandelt den Wasenwald in das rumänische Transsylvanien. Bereits seit Januar wird vor und hinter den Kulissen fleißig an der Umsetzung dieses anspruchsvollen Stoffes gearbeitet.

 

Das Team des Bühnenbaus schwingt unter alt bewährter Leitung trotz der teils eisigen Temperaturen tapfer Hammer und Pinsel, so dass sich Salzkammergut und Wolfgangsee langsam in die düsteren Karpaten verwandeln.

 

In der Schneiderwerkstatt laufen die Nähmaschinen heiß, und es wird gemessen, geschnitten und gefädelt was das Zeug hält, sollen doch die neu entworfenen und aufwändig gefertigten Kostüme den Zuschauer ins 19. Jahrhundert zurückversetzen.

 

Das Team von Trude Heck erhält hierbei in dieser Saison tatkräftige Unterstützung von einer neuen Kostümbildnerin. Sibylle Schulze arbeitete schon an den unterschiedlichsten Bühnen (so bei den Luisenburg-Festspielen Wunsiedel, am Landestheater Salzburg, bei den Volksschauspielen Ötigheim) und stellt für das Naturtheater mit ihrer Erfahrung eine große Bereicherung dar.

 

Zwischen den unverkleideten Bretterwänden des Dracula-Schlosses und der noch vollkommen farblosen Villa Kunterbunt proben derweil die Darsteller noch in Winterjacken, Handschuhen und mit dem Textbuch in der Hand.

 

Das Proben auf der Bühnen-Baustelle erweist sich für das Ensemble als abenteuerlich. So hat schon so mancher Spieler mit dem Gleichgewicht zu kämpfen, wenn sich die noch unbefestigte Drehbühne mal wieder selbstständig macht und bei einer zu plötzlichen Bewegung zu drehen anfängt.

 

Statt einer vornehmen Couchgarnitur empfängt hier die Besucher der Familie Westenra ein nicht sehr vornehmes Ensemble aus Plastikhockern, und eine Getränkekiste dient als Couchtisch. Auf den beiden zusammengestellten Bierbänken, die anstelle des zukünftigen Himmelbetts stehen, wird die Darstellung von Romantik zur wahren Herausforderung. Denn die Spieler sind doch sichtlich bemüht, die Härte und Instabilität der Bänke zu überspielen.

 

Nicht selten gehen die Darsteller durch Wände oder geschlossene Türen, da auch diese bis jetzt noch gedacht werden müssen. Es sind also Flexibilität und Phantasie gefragt, und das nicht nur in Bezug auf das Bühnenbild. Bereits jetzt ist von der ursprünglichen Textfassung nicht mehr viel übrig. Es werden Texte umgeschrieben und erweitert, um beim nächsten Mal wieder gekürzt zu werden. Szenen werden verschoben, Rollen ausgebaut und ganze Passagen neu formuliert. So entsteht ganz allmählich eine ganz individuelle und persönliche Fassung des Stückes, zu der jeder Spieler seinen Teil dazu beigetragen hat.

 

Doch schon bald bleiben die Textbücher in der Tasche, Jeans und Wintermütze weichen prunkvollen Kleidern und Frisuren. Und ein beeindruckendes Schloss Dracula empfängt seine Besucher in schauriger Atmosphäre.

 

Nach Liebe, Lust und fröhlichen Walzerklängen am Wolfgangsee im vergangenen Jahr erwartet das Publikum in diesem Jahr eine tragisch-schöne Schauergeschichte mit Tiefgang.




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