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Die neue, alte Vorstandsspitze des Naturtheaters: Rainer Kurze und Bärbel Mauch wurden in ihren Amtern bestätigt. / Foto: Kristina Wiechert

Die neue, alte Vorstandsspitze des Naturtheaters: Rainer Kurze und Bärbel Mauch wurden in ihren Amtern bestätigt. / Foto: Kristina Wiechert

23.03.2012 - Reutlinger General-Anzeiger

»Waldesslust« wird verkauft

Naturtheater - Im Wasenwald gibt's wieder ein abwechslungsreiches Programm und große Pläne für die Zukunft


Von Kristina Wiechert


Die Gaststätte »Waldesslust«, bisher im Eigentum des Naturtheaters, wird verkauft. Das haben die Mitglieder bei der Hauptversammlung einstimmig beschlossen. »Das war immer ein Draufzahlgeschäft. Außerdem ist das Gebäude in die Jahre gekommen und die Investitionen würden steigen, hat ein Gutachten gezeigt«, begründete der Vereinsvorsitzende Rainer Kurze das Vorhaben. »Potenzielle Käufer gibt es auch schon.« Eine Wirtschaft solle es jedoch bleiben, die auch für die Übergangszeit vom Naturtheater genutzt werden könnte - bis die Proben und Veranstaltungen im projektierten neuen Heim stattfinden.


Der jetzige Pächter Thomas Wilke machte nicht nur sein Interesse an der Waldesslust deutlich, sondern auch dessen Grenzen: »Der Schuppen muss renoviert werden. Mir bläst es im Winter die Teelichter auf dem Fensterbrett aus, so undicht sind die Fenster.« Der Gastronom versteht aber auch die Bedenken des Naturtheaters, dass durch Gäste und laute Feste im Lokal der Spielbetrieb des Theaters gestört werden könnte. »Ich muss aber auch die Pacht und die Nebenkosten hier verdienen und ich denke, viele Leute essen hier, bevor sie ins Theater gehen«, sagte Thomas Wilke.

 

Der Erlös aus der »Waldesslust« soll den Grundstock für ein neues Vereinsheim des Naturtheaters Reutlingen (NTR) bilden, und der Wunsch nach einem Neubau ist nachvollziehbar: »Unser jetziges Vereinsheim ist eine Baracke aus den 60er-Jahren - wenn auch eine mit Charme, aber mit maroder Bausubstanz«, sagte Kurze. Es gibt dort keine eigenständigen Probenräume, drangvolle Enge in vielen Bereichen behindert die Arbeit, es fehlen Lager- und Wirtschaftsräume. »Für optimale Arbeitsbedingungen muss es ein Neubau sein.«

 

»Für optimale Arbeitsbedingungen muss es ein Neubau sein«


Für das Naturtheaterhaus wäre ein Investitionsvolumen von einer Million Euro zu stemmen. »Bis Baubeginn müssten wir die Rücklagen von 300 000 Euro geschafft haben«, gab sich der Vorsitzende zuversichtlich. Ein paar Meilensteine für die kommenden Jahre hat er schon mal in Aussicht gestellt: Dieses Jahr soll die »Waldesslust« veräußert werden, nächstes Jahr wird das Naturtheaterhaus konzipiert, 2017 ist für den ersten Bauabschnitt vorgesehen, 2018 soll der zweite realisiert sein.

»Wir brauchen diese Zukunftsperspektiven, wenn wir weiter existieren wollen«, war die kämpferische Ansage, »ohne solche Pflöcke kann man gar nichts erreichen«. Schließlich gibt es im Jubiläumsjahr zwei Ereignisse zu feiern: 90 Jahre Naturtheater und 40 Jahre Kindertheater.

Das Jahr 2012 läuft super an. Mitte März waren bereits 6 000 Karten verkauft (im Vorjahr um diese Zeit erst 3 000) und »Pippi Langstrumpf« hat hier die Nase vorn. Zu »Pippi Langstrumpf« hat übrigens Kurzes Stellvertreterin Bärbel Mauch eine besondere Beziehung, denn sie selbst stand schon 1983 auf der Bühne: als erste »Pippi« im Wasenwald.

Neben der fröhlich-bunten Kindertheater-Produktion unter der Regie von Ambrogio Vinella bringt Regisseurin Susanne Heydenreich »Dracula« als düsteres Schauspiel, in dem es um Liebe, Wahnsinn, Integrität und Wildheit geht, auf die Bühne (beide von Juni bis August im Programm). Am 10. Juni kann die ganze Familie beim Tag der offenen Tür hinter die Kulissen blicken und Matthias Reim & Band lockt am Abend des 16. mit Schlagern.

Gleich am 1. Juli geht es für Groß und Klein weiter mit dem Familienfest, für Jugendliche spielt das Landestheater Tübingen am 6. Juli »Artus«. Am 20. Juli bei der Rock & Oldie-Nacht bringen die Originalbands aus den 60ern und 70ern den Wald zum Beben, und am 27. Juli können die Zuhörer bei der »Musical Night« in Highlights aus acht Jahrzehnten Musical-Geschichte schwelgen.

Die Reutlinger gehören nicht nur zu den ältesten und größten Freilichtbühnen in Baden-Württemberg, am Wasenwald wird auch landesweit das drittbeste Ergebnis eingefahren. Über 28 000 Zuschauer besuchten im vergangenen Jahr die Wasenwaldfestspiele, fast 24 600 strömten zu den drei Eigenproduktionen »Im Weißen Rössl« »Die kleine Hexe« und »Wasenwaldklinik«, über 2 100 zu den Gastveranstaltungen.

Nach wie vor wird die gesamte Verwaltung und Organisation rein ehrenamtlich gemeistert. 150 Mitglieder (aktuell hat das NTR 301 Mitglieder), waren in insgesamt 36 800 Stunden im Einsatz für ihr Theater.

Angesichts der Zahlen, die der kaufmännische Verwalter Tilmann Scheck vorstellte, ist der Naturtheater-Verein längst ein respektables Unternehmen, das im Jahr 2011 rund 444 000 Euro Umsatz machte, knapp 15 000 Euro Überschuss erwirtschaftete und darüber hinaus noch 20 000 Euro Sondertilgung für die neue Zuschauerhalle stemmte.

Das NTR finanziert sich zu 85 Prozent selbst, die Stadt trägt gerade mal acht Prozent bei. Im Vergleich zu anderen Kultureinrichtungen in Reutlingen sei das zu wenig, beklagte Kurze. »Sind wir etwa eine Bühne zweiter Klasse - trotz überregional gutem Ruf?«, fragte er empört. Von der Stadt wünscht er sich Unterstützung durch Sonderzuschüsse und Personalkosten- sowie institutionelle Zuschüsse.

Rainer Kurze und Bärbel Mauch wurden bei den Wahlen in ihren Ämtern als Vorsitzender und Vize-Vorsitzende bestätigt, folgendermaßen setzt sich der Beirat zusammen: Tilmann Scheck, Kaufmännischer Verwalter, Ana Zivkovic, Jugendleiterin, Julia Coolens, Schriftführerin, Andreas Pedretti, Mitgliederverwalter, Carolin Olbricht, Pressereferentin, Sascha Diener, Theaterreferent, Dr. Fritz Fuchs, Chorreferent, Dagmar Schönwälder, Kantinenverwalterin, Trude Heck, Kostümverwalterin, Thomas Diener, Bühnen- und Anlagenverwalter, Konrad Lamparter, Technikverwalter.

 

Besonders geehrt wurde Kostümverleih-Leiterin Trude Heck, die seit 40 Jahren im Beirat ist und seit 70 Jahren auf der Bühne steht. »Sie hat ja schon alle Ehrungen, die es hier gibt«, sagte Kurze anerkennend, doch damit nicht genug. Sie besitzt außerdem die »Goldene Verdienstmedaille« des Landesverbandes Amateurtheater, die »Goldene Maske« des Bundesverbandes Deutscher Freilichtbühnen und seit dem Bürgerempfang im Januar auch die Verdienstmedaille der Stadt aus der Hand von Oberbürgermeisterin Barbara Bosch. (GEA)




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