16.06.2010 - Reutlinger Nachrichten
Tag der offenen Tür im Naturtheater
Herz, Schmerz, Lachen, Weinen
Einblicke und Kostproben beim Tag der offenen Tür: Das Reutlinger Naturtheater präsentierte am Sonntag beim bundesweiten Tag des Freilichttheaters Szenenausschnitte, Führungen und Angebote für Kinder.
Einmal im Jahr sind Helden noch richtige Helden. Verwegen, volltönend aus mächtigem Brustkasten röhrend, oder gedankenschwer mit dem Schicksal hadernd. Wenn Festspielzeit ist, dann darf das Theater ins Freie, darf zu seinen Wurzeln zurück.
Einen Vorgeschmack auf die Saison präsentierte das Naturtheater am Sonntag beim Tag der offenen Tür. Die meisten kennen das Reutlinger Freilichttheater ja nur von der Zuschauertribüne aus. Man schaut gespannt dem Treiben auf der Bühne zu. Doch was sich dahinter verbirgt und abspielt, bleibt dem Blick des Otto-Normal-Theatergängers verborgen. Kein Wunder also, dass sich die Führung in die Katakomben des Theaters regen Interesses erfreut. "Was wir auf der Bühne sehen, ist eigentlich alles nur Lug und Trug", erklärt die zweite Vorsitzende Bärbel Mauch, "wirklich geschafft wird hinter der Bühne."
Etwa in der Schneiderei und im Schminkraum, wo Kostüme entstehen, wo die Schauspieler geschminkt und ihre Perücken angepasst werden. Dieses Jahr sind Kostümverwalterin Trude Heck und ihre Helfer besonders gefordert, denn die vielen Darsteller des Hauptstücks "Der Glöckner von Notre Dame" und des Kindermusicals "Cinderella" müssen alle mit Kostümen ausgestattet werden. Besonders Quasimodo-Darsteller Sascha Diener wird bis zur Unkenntlichkeit hässlich geschminkt und bekommt ein Gebiss nach Spezialanfertigung verabreicht. Bärbel Mauch zeigt den Besuchern einen großen Raum, in dem mehr als 3000 Kostümteile gelagert sind, auf die nicht nur das Theater zurückgreift, sondern die auch für Hochzeiten und andere Festlichkeiten verliehen werden.
"Zum Glück haben wir hier keine Motten", witzelt sie bei der Führung. Schnell führt sie die Gruppe noch in den Requisitenraum, denn gleich werden auf der Bühne Szenenausschnitte zum Kindermusical "Cinderella" gezeigt. Der musikalische Leiter Alexander Reuter, der alle 14 Songs des Stücks geschrieben hat, erzählt über die knapp bemessene Zeit, die für die Proben eingeplant ist, dann gibt es drei Szenen aus dem Stück zu sehen. Im Anschluss daran berichtet "Glöckner"-Regisseurin Susanne Heydenreich, wie genau die Proben zu dem großen Drama um den hinkenden, von seinen Mitmenschen verspotteten Quasimodo ablaufen. Danach lässt sie eine Szene aus dem Stück nochmals wiederholen. Neben Ausschnitten aus den beiden Theateraufführungen gibt der Erste Vorsitzende Rainer Kurze einen Überblick über die weiteren Veranstaltungen, die zwischen dem 26. Juni und 18. September auf der Freilichtbühne gezeigt werden. Zu guter Letzt präsentiert der argentinische Musiker Daniél Iberra noch einige Kostproben aus dem Repertoire, das er mit seiner Band zum Abschluss der Saison zum Besten gibt. Verschiedene Aktionen auf dem Theatergelände geben weitere Ein- und Ausblicke auf die Festspiel-Saison, und auch für das Wohl der Kinder ist gesorgt: Kinderschminken und Basteln erfreuen sich eines regen Zuspruchs, und selbstverständlich ist die Lokomotive Emma wieder voll ausgelastet.
Am 26. Juni geht es los, dann feiert der "Glöckner von Notre Dame" Premiere. Dann gibt es wieder Herz und Schmerz, dramatische Szenen, Lachen und Weinen. Dann dürfen Helden wieder richtige Helden sein.