18.03.2010 - Reutlinger General-Anzeiger
Naturtheater - Rückblick auf eine erfolgreiche Saison mit neuer Zuschauerhalle. Wieder über 20 000 Besucher
Ehrenamt kommt an die Grenze
Von Jürgen Kempf
Programm und neue Zuschauerhalle haben ihre Wirkung nicht verfehlt: Das Naturtheater Reutlingen hat im vergangenen Jahr wieder mehr als 20 000 Besucher verbucht.
Die attraktive neue Halle gefällt vielen. Es habe deswegen zahlreiche Anfragen für weitere Fremdveranstaltungen gegeben, so der Vorsitzende Rainer Kurze bei der Jahreshauptversammlung in der "Waldesslust". Da aber die Ehrenamtlichen im Verein ihre Kapazitätsgrenzen erreicht haben, können die zusätzlichen Einnahmemöglichkeiten nicht ausgeschöpft werden. So denke man über die Einstellung von 400-Euro-Kräften für Hausmeistertätigkeiten, aber auch für den Bühnenbau und das Kostümnähen nach.
Gerade das Erwachsenenstück, der "kleine Horrorladen", habe überdurchschnittliche Kritiken und viel Beifall erhalten, sagte Kurze vor rund 60 Mitgliedern. Nicht ganz so erfolgreich sei das Kinderstück "Alice im Wunderland" gewesen. Gut aufgenommen wurde dagegen der "Schwäbische Jedermann", der Beitrag des NTR zu den Heimattagen und das Mitternachts-Special bleibe weiter in der Erfolgsspur und habe auch wieder mehr Zuschauer verbucht. Laut GEA-Kritik sei die Veranstaltung auf dem Weg, "Kultcharakter" zu bekommen. Gut besucht auch die Musical-Night und der "Frühschoppen" mit Wilhelm König.
Insgesamt 206 Proben
Diese vier Eigenproduktionen im Verbund mit dem "Theater in der Waldesslust" und der erfolgreichen Produktion der Jugendgruppe "Baustelle Leben" (nach den Worten von Jugendleiterin Silke Bayer wird man sich damit um den deutschen Jugendkunstpreis bewerben) habe von allen Aktiven »mehr als das Maximum« abverlangt: Proben von Januar bis in den August hinein und dies an fast jedem Wochentag. Insgesamt 206 sind es nach den Ausführungen von Theaterreferentin Tanja Schönwälder gewesen. Hinzu kamen noch die vielen Aufführungen. Eine richtige Entscheidung sei es auch gewesen, so Kurze, den gesellig-gesellschaftlichen Höhepunkt des Jahres, den »Feierabend«, in die Kemmler-Halle zu verlegen.
Die Ausgaben (nach den Worten des Kaufmännsischen Verwalters Tilmann Scheck 360 000 Euro im kommenden Jahr) würden zu 75 Prozent durch den Kartenverkauf gedeckt. Öffentliche Zuschüsse würden nur 16 Prozent der Einnahmen ausmachen. Das sei "durchaus bemerkenswert im Kulturbetrieb", sagte Kurze. Angesichts weiterhin schwieriger Rahmenbedingungen und möglicher Zuschusskürzungen durch die Stadt (was auch eine Kürzung der Landesmittel zur Folge hätte) richtete Kurze einen Appell an die "Entscheidungsträger": "Das NTR ist kein gewöhnlicher Laden und braucht eine kleine Basis-Sicherung."
Wie bereits den großen bunten Plakaten an der Zufahrt zum Naturtheater zu entnehmen ist, wird in diesem Jahr "Der Glöckner von Notre Dame" und als Kinderstück "Cinderella" aufgeführt. Um Letzteres kümmert sich ein neuer Regisseur, nachdem Paul Siemt sein Amt abgeben hat.
Ambrogio Vinella kommt
Der Neue heißt Ambrogio Vinella und kommt ursprünglich vom Theater in der Altstadt aus Stuttgart, hat aber zuletzt in Berlin gearbeitet. Und das Naturtheater hat in diesem Jahr noch eine zusätzliche Aufgabe zu bewältigen: Zusammen mit dem Verband deutscher Freilichtbühnen wird ein Theatercamp mit rund 80 Teilnehmern organisiert. Eine eigene Rolle im Verein spielt der Chor, seit 1985 mit den Sängern von St. Wolfgang zusammengelegt. Chorreferent Dr. Fritz Fuchs nannte die wesentlichen Ereignisse aus 2009 wie die Mitwirkung an den Hochämtern in St. Wolfgang, die hiesige Erstaufführung der Karfreitagskantate von Veit Erdmann, die gemeinsame Ehrungsmatinee und die "Feierabend-Gala". Im Mittelpunkt dieses Jahres steht nach den Worten von Chorleiter Andreas Dorfner die Aufführung der C-Dur-Messe von Beethoven zusammen zum Kirchenjubiläum im Oktober.
Außerdem gilt es im Juli die 90-Jahr-Feier des Chorverbands Ludwig Uhland auf der Freilichtbühne im Wasenwald zu begleiten.