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So könnte das Betriebsgebäude im Wasenwald aussehen - wenn es finanzierbar ist. GRAFIK: S1

So könnte das Betriebsgebäude im Wasenwald aussehen - wenn es finanzierbar ist. GRAFIK: S1

19.12.2019 - Reutlinger General-Anzeiger

Dem Luftschloss ein Stück näher?

Naturtheater – Landkreis verdoppelt Unterstützung für den Neubau im Wasenwald, verhängt aber einen Sperrvermerk


VON HANS JÖRG CONZELMANN


Und er bewegt sich doch: 200 000 Euro stellt der Landkreis im kommenden Jahr für den Neubau eines 8,67 Millionen Euro schweren Betriebsgebäudes des Naturtheaters im Wasenwald in Aussicht – doppelt so viel wie die ursprünglich geplante Summe, aber immer noch deutlich weniger als das, was sich die Amateurschauspieler erhoffen.

 

Die gestrige Zusage sei "ein erster Schritt, ein Teilerfolg", wertete der Vorsitzende des Naturtheater-Vereins, Rainer Kurze, den fast einstimmigen Kreistagsbeschluss (eine Gegenstimme der CDU). Ein erster Schritt mit verzögertem Anlauf: Die Kreisräte versahen die Förderung mit einem Sperrvermerk, bis "offene Fragen" geklärt seien.

 

Viele offene Fragen

Nach einer Minute waren beide Punkte abgehakt: Sowohl ein jährlicher Zuschuss in Höhe von 15 000 Euro, den das Naturtheater als "institutionelle Förderung" neuerdings erhält, als auch die 200 000 Euro im kommenden Jahreshaushalt für den Neubau. Diskussion gab es keine, Klärungsbedarf aber sehr wohl. Zu klären wäre vor allem der Zuschuss des Landes, finden die Kreisräte. Denn dieser hat sich erst mal in Luft aufgelöst. Kurze und seine Leute rechneten mit zwei Millionen Euro an Sondermitteln, die nun aber doch nicht fließen. Das Thema wurde "im Landeshaushalt nicht berücksichtigt", sagt Kurze. Umso mehr richtet sich der Blick auf andere Fördertöpfe des Landes, etwa für innovativen Holzbau.

 

Die offene Finanzierung war Stoff für heiße Diskussionen in nicht öffentlichen Sitzungen. "Bezüglich des Naturtheaters unterstützen wir nachdrücklich den gefunden Lösungsvorschlag, denn nach dem jetzigen Informationsstand ist eine Entscheidung über die Finanzierung des Naturtheaters noch nicht möglich", sagte etwa Hans Gampe von den Grünen. Landrat Thomas Reumann freute sich nach der Abstimmung auf ein Gespräch mit den Theaterleuten. Wobei diese vom Landkreis ganz andere Summen hören wollen: Zwei Millionen nämlich, die auch die Stadt und das Land berappen sollen. So jedenfalls lautete bisher der Plan.

Volles Haus bei einem Tag der offenen Tür. FOTO: ARCHIV

Volles Haus bei einem Tag der offenen Tür. FOTO: ARCHIV

Die Kreisverwaltung war ihrerseits nicht untätig, um den Kreisräten einen angemessenen Zuschuss vorzuschlagen. So präsentierte das Kulturamt einen Vergleich mit fünf anderen Naturtheatern, die von ihren Landkreisen Geld bekommen – die einen mehr, die anderen weniger.

 

Der Landkreis Heidenheim hält sich komplett aus Baumaßnahmen für sein Naturtheater heraus – bezahlt wird vom Theater selbst, von der Stadt und vom Landesverband Amateurtheater. Der Landkreis Heilbronn hingegen springt für einen Teil der Kosten fürs neue Servicegebäude ein und zahlt 75 000 von insgesamt 450 000 Euro. Im Landkreis Emsland kommen für Baumaßnahmen in der Regel zehn Prozent aus der Kreiskasse. Zehn Prozent, das wären im Fall Reutlingen 867 000 Euro.

 

Zentrum für Amateurtheater

Der Verein hatte mit Leserbriefen und persönlichen Schreiben an die Kreisräte um eine deutlich stärkere finanzielle Beteiligung geworben. Ein Schauspieler startete eine Online-Petition, die bisher von 1 462 Menschen unterzeichnet wurde – 644 Personen davon wohnen angeblich im Landkreis Reutlingen.

 

Die Notwendigkeit eines neuen Betriebsgebäudes wird ohnehin von niemandem bestritten. Das bestehende Gebäude ist viel zu klein, extrem marode und baufällig. Auch die ehemalige Gaststätte, so Kurze, sei in einem äußerst schlechten Zustand. Eine Sanierung beider Gebäude – Holzkonstruktionen aus den 1940er-Jahren – sei nicht wirtschaftlich. Sie sollen deshalb abgerissen werden.

 

Rainer Kurze hatte vor der Abstimmung in der Einwohnerfragestunde an die Bedeutung der Einrichtung erinnert. Immerhin seit 90 Jahren gibt es hier anspruchsvolles Amateurtheater. Das Naturtheater sei "eines der ältesten und größten Freilichttheater Baden-Württembergs", das älteste und besucherstärkste Theater im Landkreis sowieso.


Das neue Betriebsgebäude sei dringend erforderlich, um den Spielbetrieb auf der Freilichtbühne nicht mittelfristig "akut zu gefährden". Um das Projekt realisieren zu können, sei er auf die großzügige finanzielle Unterstützung des Landkreises angewiesen. Der im Haushaltsentwurf vom Oktober zunächst angesetzte Investitionszuschuss in Höhe von 100 000 Euro (verteilt auf fünf Jahre) wäre bei Weitem nicht ausreichend gewesen. Kurze sprach damals von einem "beschämenden Angebot".

 

Er appellierte an die Kreisräte, die Weichen für eine gesicherte Zukunft des Naturtheaters zu stellen. Denn mit dem Neubau könnten viele Synergieeffekte erzielt werden. Nicht alle Räume werden an allen Tagen vom Naturtheater gebraucht und stehen, so der lautet Plan, auch anderen Amateurtheatergruppen und Vereinen zur Verfügung. Bereits fest eingeplant ist eine Kooperation mit der Theatergruppe D’Moo’spritzer. Kurze stellte sogar ein Kompetenzzentrum für Amateurtheater in Baden-Württemberg in Aussicht. (GEA)




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